Presse stimmen

Heinrich Domes, Kulturredakteur der Neuen Württembergischen Zeitung/Südwestpresse Göppingen/Ulm

anlässlich der Eröffnung der Ausstellung Jonas D. in Bad Boll vom 29.04.94 - 17.04.94 

 

Diese Ausstellung ist wie eine Reise in ein fernes, unbekanntes Land. Wer sie unternimmt, begibt sich auf eine vielleicht sogar von Geheimnissen umwitterte Entdeckungsreise, er muss sich auf Abenteuer gefasst machen, er muss mit Unvorhergesehenem rechnen. 

 

Wenn ich Sie jetzt einlade, mit mir diese Reise zu unternehmen, so tue ich das in der Überzeugung, dass es Ihnen genauso geht wie mir, als ich das erste Mal die Bilder sah: Ich staunte, ich erschrak, dann aber war ich fasziniert. Ich konnte mich diesen Bildern, die mich zunächst verwirrten, ja abstießen, nicht entziehen. Auf einmal wurde die ganze Ausstellung zu einem spannenden Erlebnis.

 

Aber Sie sollen Ihre eigene Erfahrung machen, Ihre eigene Reise zu diesen Bildern unternehmen. Betrachten Sie mich lediglich als einen Reiseleiter, der Ihnen ein paar Tipps gibt. Zunächst jedoch, wie das vor einer Reise üblich ist, ein paar Formalitäten, den Künstlerbetreffend. (Ich versuche mich so kurz wie möglich zu fassen.)

 

Jonas D. (sein Künstlername) wurde 1935 in Luckenwalde in der Mark Brandenburg geboren und studierte an den namhaftesten Kunstakademien: in Dresden, in München, in Berlin. 

Berlin wird für ihn zu einer wichtigen Ausgangsposition seiner künstlerischen Entwicklung. In Berlin wendet er sich der figürlichen Malerei, einem posterhaften, politisch inspirierten, gesellschaftskritischen Realismus zu, deren bedeutender Exponent er wird. Exemplarische Werke aus dieser Zeit, also aus den späten sechziger und den frühen siebziger Jahren, hängen drüben in der Alten Schule, aber auch in einem der Ausstellungsräume hier – als unmittelbarer Vergleich und Kontrast zu den Arbeiten, die danach entstanden.

 

Diese realistischen Poster-Bilder entsprechen der studentischen Aufbruchsstimmung des Jahres 68.Jonas D. war damals Anfang dreißig. Die Mao-Bibel war "in", Ché Guevara war "in", und Jonas D. erfasste das alles als großes Agitationsereignis, bei dem er sich jedoch stets der malerischen Mittel, der malerischen Qualität bewusst blieb. Es war eine Malerei im Spannungsfeld plastisch herausgearbeiteter Figürlichkeit und flächenhafter Monochromie, wobei die Farben intensiv, aber nie schreiend wirkten, sondern aufgrund des sensiblen Farbauftrags eher Pastellcharakter annahmen. Gleichzeitig hatte die realistische Zurschaustellung etwas Künstliches, Plakatives. Jonas D. errang mit diesen Bildern (wiegesagt: sie hängen im Alten Schulhaus) großen Erfolg, vor allem in Amerika. 

 

Der Erfolg stieg dem Künstler nicht zu Kopf, im Gegenteil: er brachte die große biografische und künstlerische Wende. Jonas D. ging nach Indien, studierte in Calcutta klassische indische Musik und Philosophie. Unter dem Einfluß dieses Studiums begann ein ganz neuer Abschnitt in seinem Schaffen. Es sind im Wesentlichen die Bilder, die hier in der KSK ausgestellt sind. Unvermittelt befinden wir uns bereits auf der Reise, zu der ich Sie einlud. Die Formalitäten sind erledigt, nun kann das Abenteuer beginnen. Die Bilder der "vorindischen Periode", wie ich sie nennen möchte, sind kalkuliert, sind nach Plan entstanden, sind Kopfgeburten. Die Werke der "nachindischen" Periode sind nicht kalkuliert, entstehen ohne Plan, sind der Intuition, dem Unterbewusstsein entsprungen, sind Geburten der Seele. 

 

Das ist der erstentscheidende Unterschied. Der zweite besteht in der Themen- und Motivwahl. Nicht mehr der aktuelle politische oder gesellschaftliche Anlass und die Reaktion des Künstlers darauf bestimmen den Entstehungsprozess des Bildes sondern Abläufe, die aus tieferen 2 Bewusstseins-Schichten an die Oberfläche steigen und vom Künstler visualisiert werden. 

 

Oder sollte ich besser sagen: nachempfunden werden. Gaben früher die Pose, die Attitüde, die plakative und tendenziös überzogene Realistik der Malerei den Impuls, so lebt jetzt das Bild aus einer schwungvollen Gestik, aus einem temperamentvollen Pinselzug, ja aus einer explosiven Energie. Es gibt in dieser Ausstellung Bilder, die den Betrachter anspringen (ich sprach eingangs vom Erschrecken), ihn beunruhigen, aufwühlen, vielleicht sogar abstoßen, und wieder andere Bilder, die ihn ansaugen, verführen, überwältigen.

 

Was sehen wir? Wie sehen Farbnebel, die sich verdichten oder auflösen, wir sehen magische Landschaften oder Naturschauspiele. Das Figürliche ist aus diesen Bildern keineswegs verschwunden, es taucht manchmal sogar sehr gewalttätig, unvermittelt, kraftstrotzend auf, oder es tritt zurück, verflüchtigt sich, wird ätherisch, durchscheinend, das Körperhafte geht in eine Lichterscheinung über, es wird, wenn Sie mir den Ausdruck gestatten, entbeint, es wird durchleuchtet. Vor allen in den Gouachen stellt sich dieser Eindruck ein. Dann wiederum tritt es nun in witzigen Hervorhebungen entgegen, wie zum Beispiel bei den beiden Seiltänzern, die einen Fuß zu viel haben. Oder es nimmt, wie auf dem Bild mit dem Indianer und dem Seil, symbolische Züge an. Aber immer ist irgendwo ein Grenzpunkt erreicht, eineunsichtbare Wand, aus der uns das Körperhafte, das Figürliche entgegentritt oder hinter der es entschwindet. 

 

Bei Jonas D. ist das nicht irgendein Trick, ein fauler Zauber, eine Effekthascherei, sondern ein malerei-immanenter Vorgang. Die Figur löst sich wie von selbstaus dem Fluss des Malens oder sie geht im Strudel des Malstroms unter, wird reine Malerei, wird Farbe und Farbbewegung. Jonas D. sagte dazu: "Ich suche heraus zu finden, wo etwas entstehen will". Psychische Impulse sind zunächst der Auslöser. Ist erst einmal der erste Pinselstrich über die Leinwand gezogen, folgt alles andere nach: der Rhythmus, der Einsatz der Farben, die Aufteilung der Fläche. 

 

Das hört sich einfach an, ist jedoch ein nicht zu beschreibender komplizierter Vorgang, der großes malerisches Können und äußerste Intuition voraussetzt. Seinen Anfang nahm dieser Prozess bei den fotorealistischen Arbeiten. Wassertropfen, vergrößert und projiziert, wurden auf der Leinwand malerisch festgehalten, dokumentiert, dingfest gemacht. Der Zufall bestimmte die Form und den Verlauf, der Malerging der Spur bloß nach und setzte sie in Farbpartikel um. 

Diese Periode ist abgeschlossen. Heute braucht der Künstler den Zufall oder besser Zulauf des Wassertropfens nicht mehr, heute ist er selber die Quelle, aus der sich seine Bild-Endungen speisen. 

 

Das nimmt mitunter dramatische Formen an, so etwa in dem Bild, auf dem ein menschliches Gesicht, menschliche Gliedmaßen verdreht werden, fast ausgewunden werden, ihre Schwerkraftverlieren, raum- und zeitlos werden. Jonas D. hat in diesem Bild jenen kritischen Momentfestgehalten, wo der Verstand stehenbleibt, Raum und Zeit zusammenfallen - zum Beispiel in einer Schrecksekunde, bei einem Unfall, im Augenblick kurz vor der Narkose. Ein immer wiederkehrendes Motiv, eine immer widerkehrende Erscheinung ist das Tor-ähnliche, Mund- und Schlund-ähnliche Gebilde, eine Öffnung, aus der Licht gießt oder in die Licht eindringt. Fast immer wachsen um diese Öffnung Figuren aus einem diffusen Licht hervor, werden von der Öffnung angesogen oder strömen aus der Öffnung heraus. 

 

Auch hier begegnen wir wieder diesem Entweder/Oder, diesem Sowohl/Als auch, dieser Alternativ-Situation. Wenn der Begriff nicht schon anderweitig und banal besetzt wäre, müsste man von einem dualen System sprechen.3Die bildhafte Vorstellung vom Tor ist vermutlich auf Eindrücke und Erlebnisse zurückzuführen, die der Zehnjährige hatte: Erinnerungen an den Einmarsch der Russen und an ihre Vorliebe Tore zu errichten, Triumphbögen mit dem Sowjetstern - mir den Knabendamals schon unbewusst Sinnbild für eine Scheidelinie: davor der Freie, dahinter der Kasernierte, Eingesperrte. 

 

Man könnte es auch anders deuten: draußen der Ausgestoßene, drinnen der Privilegierte. Auf irgendeine Weise hat sich das ins Bewusstsein gegraben, hat seine Spurenelemente in der seelischen Konstitution des Künstlers hinterlassen. Jonas D. selbst spricht in seiner zurückhaltenden Art von Vermutungen. Das Seil, die unsichtbare Wand, das Tor, die Öffnung - mehrere Bezeichnungen für einen Begriff: für Diesseits und Jenseits. das Licht spielt dabei eine entscheidende Rolle. 

Jonas D. sagt. auf seinen Bildern seien eigentlich nur zwei Kategorien von Figuren dargestellt: diejenigen, die das Licht suchen, und diejenigen, die ihm begegnen. Flugs denken wir hinüber zu Brecht: die einen steht im Dunkeln, die anderen im Licht. Das Licht als Energieträger und Energiespender - Energie, die durch den Körper strömt, das Licht aber auch als Grenze zwischen Materialisierung und Entmaterialisierung. Das ist der stete Prozess in den Bildern, der Prozess des Formens und Verwischens, der Bewegung und der Ruhe, des Werdens und Vergehens. 

 

Es ist ein Prozess, der auf zwei Ebenen abläuft: auf der Ebene des Empfindens und der Ebene des Sichtbarmachens. Das Sichtbarmachen geschieht durch das Medium der Malerei. Die Malerei, das Malerische bleibt bei allen unterschiedlichen Voraussetzungen, Motivierungen und Beweggründen erhalten als bestimmendes und formendes Element, als Energiestrom. 

 

Das Malerische, das, ob in den wehenden Tönen der Gouachen, oder in den festeren Pigmenten der Acrylfarben, die Faszination dieser Bilder erstmöglich macht, ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Träume - geboren aus der Ekstase oder aus der Meditation. 

 

Das Land, in das ich Sie zu geleiten versprach, liegt nun vor Ihnen, der Zweck meiner Reiseleitung ist erfüllt, ich habe Ihnen ein paar Anregungen, ein paar Hinweise gegeben, ein paar durchaus subjektive Einstimmungen. Nun liegt es an Ihnen sich zu orientieren, zu erkunden, zu entdecken. Ich denke es lohnt sich.

 

29.04.1994

Heinrich Domes, Göppingen 

Kunsthistoriker Dr. Jörg Kuhn über Jonas D. 

in der Galerie Fliedner Berlin 24.09.2008

 

Jonas D. hat den Weg zur Kunst sehr früh und zielstrebig gefunden, oder besser: ist früh zur Kunst berufen worden. Und doch: was für eine Metamorphose auch in seinem Leben: nach hartem Lebensweg gelang Jonas D. in der 1960er und 1970erJahren ein kometenhafter Aufstieg als künstlerischer Chronist der aktuellen Zeitgeschichte: hart, unbestechlich, erotisch aufgeladen bis zum Pornographischen gerieten seine großformatigen Bilder, die Stellung nahmen zu den Kriegen und umwälzenden gesellschaftlichen Entwicklungen. Die international beachteten – und erworbenen -Bilder aus dieser Zeit sind Ikonen, nicht nur weil sie vielfach Ikonenzeigen: Rosa Luxemburg, Fidel Castro, und immer wieder: weibliche Soldatinnen, sondern weil sie ohne Spur von Banalität den Blick auf das Wesentliche lenken. Sozusagen: Intellekt ohne Verklausulierung.

 

Einzelausstellungen seiner Werke fanden seit 1968 in Berlin, und dann in dichter Folge im ln- und Ausland statt, so 1971 in Kassel, 1974 und 1975 in Montreal, 1974 in New York und San Francisco, 1982 Schloss Babstadt Galerie Steiner, 1983 Aschaffenburg, 1987 in Schweinfurt und 1988 in Innsbruck. 

 

Die Liste der Ausstellungsbeteiligten ist nicht minder illuster, hier finden sich neben Berlin als Ausstellungsorte 1967 Hannover, 1968 Stuttgart und München, 1969 Ostende undWolfsburg, 1971 Nürnberg und wieder Ostende, 1977 Rostock und 1978 die Beteiligung an der Ausstellung „Berliner Realisten“ in Moskau. Berlin, und hier ist die Beteiligung an der Großen Berliner Kunstausstellung, an der Freien Berliner Kunstausstellung und an zahlreichen Galerieausstellungen zu benennen, ist jedoch das eigentliche Epizentrum der künstlerischen Präsentation.

 

Der gesellschaftliche Erfolg von Jonas D. in den 1960er und 1970er Jahren hatte aber nicht den persönlichen Höhenflug ohne Ende als Ergebnis, sondern, im Gegenteil, das grenzenlose Bedürfnis aus diesem rasenden Zug nach oben auszusteigen. Das hat Jonas D. konsequent getan. Aus dem erfolgreichen Maler Jonas D. wurde zuerst der Verstummte, der Verunsicherte, wurde dann der Suchende, wurde, im Ergebnis, der Künstler Jonas Dangschat oder auch „Govind“ als künstlerisches Doppeltalent neu geboren: als Maler und Musiker. Die Kunst des Musizierens ist untrennbar mit der Kunst des Malens verquickt, beide Ausdrucksformen bedingen einander. Die Musik ist dabei die täglich ausgeschöpfte Quelle von Inspiration und Kraft, die Malerei das Mittel der Visualisierung der inneren Bewegung, der Erkenntnis und das zentrale Mittel der Kommunikation jenseits desakustischen Hörens.

 

Ein beherrschendes Thema im Werk Jonas Dangschats ist die Brücke, die vielgestaltig und in unterschiedlichster Interpretation immer wieder auf seinen Bildern zu finden ist. Das andere große Thema ist der fokussierte Ausblick. Dass sich beide Themen sowohl als Bindeglieder zwischen Künstler und Außenwelt lesen lassen, als auch generell als Chiffren der Kommunikation, als Angebot, scheint deutlich. Doch einfach sind die Angebote nicht zu haben. Es wird Arbeit gefordert, Gefühlsarbeit, Denkarbeit, Wandlungsfähigkeit, Begeisterungsfähigkeit und auch die Fähigkeit sich völlig zu verlieren, um dann wiedergefunden zu werden.

 

Der Künstler selbst mach es sich nicht leicht. Er ist derjenige, der da die Brücken baut, aber auch einreißt, er ist derjenige, der die Ausblicke aus Höhlen und Schluchten in das Material bricht. Er aber gibt auch vor, in welche Richtung der Ausblick gehen soll, ohne jedoch eine Garantie dafür zu übernehmen, dass auf der anderen Seite etwas ist. Aber er unterfütterte seine Angebote mit vertrauten Stimmungen, gibt Anlas zur Beruhigung, will Vertrauen schaffen. Das gelingt nicht immer. Es bleiben Fragen, es bleiben Unsicherheiten. Manches Bild fasziniert eher durch das Wagnis, das angeboten wird. Die Kraft der Bilder resultiert vom Gestaltungswillen und ebenso vom Mut zum gelenkten Zufall. Gelenkter Zufall scheint nun vordergründig ein Widerspruch: der Künstler, der sein Bild mit Farb- und Formauflösender Feuchtigkeit konfrontiert, kann den Guss lenken, den Verlauf des Fließens über das Bild kann er nur sehr begrenzt beeinflussen. Er muss also ein beherzter, genialer Guss sein, sonst ist das Bildverdorben. So zu arbeiten erfordert die Eignung zum Spieler und auch den Mut zum Verlust. Das Spiel mit der Freiheit der Gestaltung erfordert nicht nur einen beweglichen Geist, sondern auch Selbstbewusstsein. Zumindest das Selbstbewusstsein, dem Zufall eine so gute Steilvorlage zu geben, das er gar nichtanders kann, als mitzuspielen. Das Resultat wird dann begutachtet und - so viel Kunst muss sein, gegebenenfalls weiter gestaltet, bis alles seinen Platz und Ort hat, sein Verhältnis und das Bild eine Botschaft.

Von den etwa 50 Werken, die Jonas Dangschat hier zeigt, will ich nur stellvertretend wenige näher benennen.

lm Empfangsraum haben Sie sicherlich das großformatige Bild mit dem Titel „OM“ gesehen. Es entstand 1985, Acryl auf Leinwand.

lm Schilf, wie einst Moses, liegt hier ein großgeratener Säugling, darüber eine engelartige schreiende Gestalt mit ausladenden Gesten. Sie nimmt direkt Kontakt zum Betrachter auf. Darunter das weite Wasser, überspannt mit einem Seil, darauf eine skizzierte Gestalt, balancierend. Das Leben des Menschen beginnt mit einem Schrei, einem Schrecken, man wird hinausgeworfen ins Leben. Dann geht es weiter, auf dem dünnen Seil balancieren wir über das Wasser, mal mutig, mal unsicher, gespannt. Das Leben ist ein Balanceakt.

lm Raum 5.1 rechts vom Empfangsraum aus, hängt das auch mit Acrylfarben auf Leinwand gemalte Bild „Der Tag wie eine Brücke“ aus dem Jahr 1994. Ein See im Sommer ist zu erkennen. An seinem Rand lagern, liegen, sitzen dicht an dicht Männer und Frauen. Über den See sind spinnennetzartig seilartige Brückengespannt, über die Menschen balancieren. Durch die Verwischung von Formen und Konturen erhält das Bild etwas sehr Unwirkliches, Traumhaftes. Es ist nicht einfach Abbild, es lädt ein, sich hinein zu versenken und über das Leben nach zu sinnen.

Hier im Raum können Sie zwei weitere wichtige Werke von Jonas D. betrachten. Zum einen das 2008 entstandene Bild „Discover ll“ (Acryl auf Leinwand).lm Bildvordergrund sind zwei menschliche Individuen zu erkennen. Sie scheinen in einer Art Höhle zu stehen. Die Felswände öffnen sich zur Bildmitte hin. Hinter Nebelschwaden erscheint ein kostbares rötliches Licht. Das Licht am Ende des Tunnels sozusagen. Das ist die vordergründige Ebene des ersten Eindrucks. Bald bemerkt der Betrachter aber jene durch Schüttung entstandenen Schlieren, die ejakulathaft vom Bildrand zum Zentrum verlaufen. Ihr Ziel die rötliche Mitte. Es ist eine Befruchtung von immenser Intensität, die hier geschieht, vor den staunenden Augen der Menschen im Bild, die mit dem Betrachter Zeuge dieses naturgewaltigen Aktes sind. Was sonst im inneren des Körpers verborgen geschieht, ist hierriesengroß wieder gegeben. Der Mensch hingegen, ist ganz klein, ist von dem Naturereignis übermannt und staunt.

Gegenüber hängt das großformatige Acrylfarbenbild „Aschermittwoch“ von 2006.Wieder sind Menschen vor und in einer Naturkulisse zu erkennen. Felsen und vielleicht ein Gletscher lassen sich ausmachen. Entdeckerlust könnte ein Motiv des Bildes sein. Die Gruppe im Vordergrund wirkt, verglichen mit den beiden Menschen in der Höhle links im Bild, monumental. Es entsteht so nicht nur eine enorme Bildtiefe, sondern ein innen und außen, wobei der Bildbetrachter zusammen mit den Figuren im Bildvordergrund in das Bild hineingezogen wird und teilnehmen kann, andere Entdeckung der Welt. Der Titel „Aschermittwoch“ erinnert daran, dass die Ausgelassenheit im menschlichen Sein auch Momente der Ruhe, des ln-sich-hinein-Horchens bedarf, um sich selbst bewusst zu werden. Darüber hinaus erinnert die rotbraune Farbe der Vordergrundfiguren an Asche im Kohleofen, was weitere Ebenen zur Betrachtung eröffnet.

 

lm Flur vor diesem Raum hier hängen eine ganze Reihe von Bildern aus dem Atelier von Jonas D.

Ihnen gemeinsam ist das Thema Licht und Bewegung. Charakteristisch ist etwa die futuristische anmutende Gouache „Lumineszenz“ vom 1993, die einen fremden Planeten zu zeigen scheint. Ein Komet scheint gerade in die Oberfläche zu dringen. Es ist wiederum ein Bild, das die gewaltige Kraft der Vereinigung zu beinhalten scheint. Es ist ein Bild mit einer großen suggestiven Wirkung.

 

Gegenüber hängt die 2007 erschaffene Gouache mit dem Titel „Disco“. Unter dem künstlichen Lichterhimmel, der wie ein gewaltiges Maul aufklafft und in dem die Lichtquellen wie Zähne wirken, tanzt eine Gruppe Menschen. Die künstliche Glitzerwelt der Discotheken erschient hier aber wie in einer ethnologischen Skizze dokumentiert. Der selbstverliebte Tanz ist merkwürdig erstarrt. Bewegung und Innehalten sind hier simultan wiedergegeben.

 

Tanz ist auch auf dem Bild „Eine therapeutische Maßnahme“ von 2000 dargestellt. Vier tanzende Mädchen in weißen Kleidern zu sehen. Schattengleich von geradezu monströser Größe erheben sich hinter ihnen scheinbar vier weitere Tänzerinnen. Es sind aber nur imaginäre Figuren, geformt aus Erinnerung und Erfahrung, aus der Fülle des Ererbten, all jenem also, was über die Generationen bewahrt in uns fort lebt und in unserem aktuellen Tun begleitet. Das Bild zeigt die Sichtbarmachung des in uns Verborgenen.

 

Kunsthistoriker Dr. Jörg Kuhn, Berlin 24.09.2008